“Heute ist Cheatday” ist ein Satz, der mir oft Bauchschmerzen bereitet. Woher kommt eigentlich dieser Begriff und warum ist er zur allgemeinen Rechtfertigung für schlechtes Esseverhalten geworden?
Der Begriff “Cheatday” kommt aus den modernen Diäten, wie ich es einfach mal nenne. Diese Diäten sind sehr strikt, so dass sich die Teilnehmer einmal in der Woche auf einen Tag voller “Sünden” freuen können, an dem sie ihre Diät für 24 Stunden vergessen und essen können, was sie wollen – “cheaten” sozusagen.
Meistens werden Cheatdays im Zusammenhang mit Fitness genannt: Man ernährt sich 6 Tage die Woche nach Plan oder nach strengen Makronährstoffvorgaben und hat dann einen Tag, wo man richtig reinhauen kann.
Aber brauchen wir wirklich noch einen Tag mehr in unseren geregelten Abläufen, zu dem wir uns hinretten? Wir schleppen uns durch die Woche und freuen uns aufs Wochenende, wir arbeiten uns mühselig bis zu den nächsten paar Urlaubstagen durch, um dann hoffentlich ein bisschen Entspannung zu finden, von diesem scheinbar so furchtbaren Leben. Nun kommt noch ein Ziel mehr dazu, dass uns von diesem (nicht wirklich sinnvollen?) Leben eine Pause ‚gönnt‘. Aber ich möchte hier nicht über die Sinnhaftigkeit solch eines geführten Lebens diskutieren. Ist es also wirklich nötig, dass wir uns noch ein festes Datum in der Woche setzen, wo wir uns mit aller Kraft hinschleppen, dann ein bisschen genießen dürfen und gleichzeitig aber schon voller Melancholie wissen, das morgen alles vorbei ist.
Das ist, als würden wir die ganze Zeit voller Anstrengung durch ein Meer schwimmen müssen, nur ab und zu kommt mal eine kleine Sandbank oder Insel auf der wir uns ausruhen können. Mit der nächsten Welle muss man sich dann wieder in die kraftraubende Flut stürzen. Juhu.
Wie eingangs schon erwähnt, finden Cheatdays vor allem in der Fitness-Szene großen Anklang. Allerdings gönnt man sich hier einen vermeintlich schönen Tag auf Kosten von 6 unschönen Tagen. Ein verbreitetes Mittel, um abzunehmen oder sein Gewicht zu halten, ist das Kalorienzählen. Das kann an sich eine sehr wirksame Methode sein. Allerdings zählt nicht unbedingt die 24-Stunden-Bilanz. Man sollte die Kalorienverteilung eher auf eine Woche betrachten. Wenn ich also an einem Tag „alles gebe“ und das Doppelte oder Dreifache meines eigentlichen Kalorienbedarfs in mich hinein stopfe, dann muss ich diese Kalorien an anderen Tagen der Woche einsparen. Wenn ich sowieso schon im krassen Kaloriendefizit (dabei nimmt man weniger Kalorien auf, als man verbraucht) bin, kann das ganz schnell ein andauerndes Knurren im Magen hervorrufen.
Die Diät-Industrie verdient sich dumm und dusselig an Abnehmdrinks und anderem, du selbst fühlst dich dabei aber nicht unbedingt wie ein Gewinner. Sollten wir überhaupt eine Diät machen, die unseren Körper derart auslaugt, dass wir eine “Auszeit” in der Woche benötigen? Ein Cheatday ist eine Auszeit von einer zu strengen Ernährungsweise. Damit wir das überhaupt länger als eine Woche aushalten, setzen wir uns einen Anreiz. Aber muss das sein? Müssen wir uns mit einem Tag von sieben motivieren? Und das auf Kosten der anderen sechs?
Ist ein Lebens- bzw. Ernährungsstil sinnvoll, der nur mit einem solchen Anreiz durchzusetzen ist? Für mich klingt das nach einer ziemlichen Qual.
‘Aber wie dann?’ ist die große Frage. Vielleicht ist so ein Cheatday für den ein oder anderen wirklich das richtige und er kommt damit super klar. Dann will ich ihn nicht davon abbringen.
Alle anderen aber sollten sich folgende Frage stellen: Wie kann ich meinen Lebensstil gesund gestalten, sodass ich so flexibel bin, dass 1. keine Auszeiten brauche und 2. die Ernährungsweise damit nachhaltig durchziehen kann?
Das heißt nicht, dass du dir einen Stil aussuchen sollst und dich dann strikt daran halten musst. Applaus für den, der das kann und ganz auf die industriell gefertigten Waren verzichten kann und mag. Bei mir ist das allerdings nicht zu 100 % der Fall.
Ich rauche nicht, ich trinke wenig Alkohol und esse zu 95 % vollwertige und unverarbeitete Lebensmittel. Wird mich dann ein Eis, das ich mit Freunden genieße, umbringen – sogar wenn es nicht nur einmal die Woche ist? Ich denke nicht. 😉
Ich brauche keinen Cheatday, um sagen zu können “ok, das esse ich jetzt mit euch mit, auch wenn es nicht meiner sonstigen Ernährung entspricht.” Das ist Flexibilität. Ich plane solche Tage nie ein, sondern lasse sie auf mich zu kommen. Wenn sie kommen, dann kommen sie und wenn nicht, dann esse ich einfach wie gewohnt.
Muss ich davon hungern? Auf gar keinen Fall.
Muss ich mich dadurch aus sozialen Events raushalten? No.
Muss ich mich dadurch den Rest der Woche quälen? Nein.
Und das ist auch schon das ganze Geheimnis. Auch wenn wir hin und wieder gern in Extremen leben, sollten wir nicht vergessen, wo die Mitte ist. Je näher wir an dieser gesunden Mitte dranbleiben, desto einfacher wird es uns fallen, unser Vorhaben nachhaltig umzusetzen. Dein Leben sollte nicht aus einer konstanten kraftraubenden Ernährungsweise bestehen.
Ganz im Gegenteil: Dein Ernährungsstil sollte dir ja gerade Energie schenken, auch um diese Lebensweise langfristig durchzuziehen. Dann steht ein mäßiger aber konstanter Gewichtsverlust anstelle einer kräfteraubenden Diät oder das Ziel, dein Gewicht ohne große Mühe zu halten anstelle von 6 Tagen ‚Käfig‘ + 1 Tag Genuss.
Du hast du Wahl.
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Ich wünsche dir noch einen schönen Tag!